Gebäude tragen mit knapp 10% zum Treibhausgasausstoß in Österreich bei. Die Reduktion des Emissionsausstoßes durch einen effizienten Betrieb von Gebäuden kann einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele in Österreich leisten. Gebäude mit Thermisch Aktivierten Bauteilen (TAB) spielen als Energiespeicher eine wichtige Rolle im zukünftigen Energiesystem. Durch die hohen Speichermassen kann Überschussstrom erneuerbarer Energie z.B. aus Sonnen- oder Windkraft in Form von thermischer Energie im Gebäude eingespeichert werden. Herausfordernd ist dabei die Regelung der Raumtemperatur, da aufgrund der großen Trägheit des Systems eine klassische Regelung über die Außentemperatur zu Über- oder Unterregelung führen, vor allem wenn Störgrößen wie solare Einstrahlung auf das System einwirken.
Im Zuge des Forschungsprojekts „TAB-Scale 3: Modellentwicklung und Validierung für thermisch aktivierte Bauteile (TAB) an einem Demo-Wohngebäude für Scale-up auf mehrgeschossigen Wohnbau“ wird daher der Einsatz einer prognosebasierten Regelungsstrategie für Wohngebäude mit thermischer Bauteilaktivierung untersucht. Dabei fließen Wetterprognosedaten (Außentemperatur, Bewölkung, Windgeschwindigkeit) in die Regelung ein. Das prognosebasierte Regelungskonzept wird mit Daten aus einem realen Objekt abgeglichen. Ergänzend wird das Lastverschiebungspotenzial durch Wind Peak Shaving (WPS) untersucht. Grundlegendes Ziel von TabScale 3 ist die Implementierung eines prognosebasierten Regelungskonzepts, um einerseits den Wohnkomfort in den Gebäuden mit thermische Bauteilaktivierung möglichst hoch zu halten und andererseits dabei das thermische Speicherpotenzial der Gebäude maximal auszunutzen. Im Demoobjekt Doppelhaus Purkersdorf konnte dieser Ansatz (TabScale 2) mit Fokus auf Optimierung des Wohnkomforts, bereits erfolgreich umgesetzt werden.
Dazu ist ein Gebäudemodell nötig, mit dem die Temperatur im Objekt abgebildet werden kann. Das im Projekt entwickelte Modell basiert auf Massen- und Energiebilanzen sowie auf gebäudespezifischen Daten (Fensterflächen, Ausrichtung, Kubaturen, etc.). In das Modell fließen zudem Messdaten und Prognosedaten ein, die die Ermittlung einer prädiktiven Raumtemperatur über den Prognosehorizont ermöglichen. Das zentrale Element der modellprädiktiven Steuerung ist das Gebäudemodell, das eine Kalkulation der Raumtemperatur im Gebäude in die Zukunft, unter Berücksichtigung der Prognosedaten, ermöglicht. Der Prognosehorizont für den Anwendungsfall beträgt 48 Stunden. Das mögliche Lastverschiebungspotential der prognosebasierten Regelung wird anhand einer Simulationsrechnung am Beispiel eines realen Objekts erhoben. Als Untersuchungsobjekt wurden zwei Wohneinheiten (nord-, südseitig) in einem mehrgeschoßigen Wohnbau aus dem Wohnpark Wolfsbrunn in Sommerein herangezogen. Die Wohneinheiten sind mit umfangreicher Messtechnik (Temperatur, Wärmemenge, Durchflüsse) ausgestattet, um Energie- und Wärmeströme in- und aus der Wohneinheit quantitativ zu erfassen.
Mit Hilfe der vorhandenen Monitoringdaten wird untersucht, wie sich das reale Gebäude im Vergleich zum Modell verhält. Für einen Untersuchungszeitraum von 10 Tagen Nov/Dez. 2021 wird eine Vergleichssimulation angestellt und mit den Realdaten aus dem Gebäude verglichen. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass für die gesetzte Zieltemperatur von 24°C im Wohnraum 11 kWh thermische Energie, unter Berücksichtigung der solaren Einstrahlung, nötig wären. Tatsächlich wurden in diesem Zeitraum 76 kWh Heizenergie in das Gebäude eingebracht. Bei TOP 6 wurden von der Simulation 135 kWh Wärmeenergie-Input errechnet. Im Monitoring wurden jedoch nur 41 kWh aufgezeichnet. Aufbauend auf dieses Ergebnis wird eine Analyse zur Integration von Windstrom durch den MPC mittels Wind Peak Shaving (kurz WPS) im Modell simuliert. Mit WPS könnte theoretisch keine weitere thermische Energie im Gebäude durch vorausschauenden Betrieb gespeichert werden, ohne dass die Solltemperatur stärker über- oder unterschritten wird.
Aufbauend auf diesem Projekt wird das prognosebasierte Regelungskonzept in weiteren Demonstrationsprojekten mit thermischer Bauteilaktivierung im mehrgeschoßigen Wohnbau umgesetzt.
- ALPENLAND ZUKUNFTSHAUS WOLKERSDORF
Im Alpenland Zukunftshaus Wolkersdorf der Genossenschaft Alpenland ist geplant, das prognosebasierte Regelungskonzept auf alle acht Wohneinheiten anzuwenden. Jede Wohneinheit erhält ihren eigenen Regler und die Nutzer:innen haben damit die Möglichkeit, ihre individuale Komforttemperatur in der Wohnung auszuwählen. Als primäres Wärmeerzeugungssystem wird eine Sole-Wasserwärmepumpe mit Tiefensonden installiert. Zudem wird ein kaskadiertes Wärmepumpensystem eingesetzt, um hygienisch sicheres Trinkwarmwasser in den Wohneinheiten zu erzeugen. Das Objekt mit einer Wohnnutzfläche beträvongt 730 m² ist als Passivhaus mit acht Wohneinheiten konzipiert. Das Energiesystem wird durch eine Photovoltaikanlage mit 14 kWp installierter Leistung ergänzt. Hier geht es zum Forschungsprojekt.
- VOLKSHILFE WIEN HAFEN
Der Volkshilfe Wien Hafen in der Heiligenstädter Straße 172 in Wien-Döbling ist ein Gebäude exklusiv für Frauen. Die Nutzung ist vielfältig, das Angebot reicht von einem Volkshilfe-Lokal im EG, über eine Seniorinnen-Wohngemeinschaft bis zu unterschiedlichen Wohneinheiten für Klientinnen der Volkshilfe Wien. Das fünfstöckige Gebäude ist mit thermischer Bauteilaktivierung ausgestattet und ost- und westseitig ausgerichtet. Die Wärmeversorgung erfolgt mittels Sole-Wasserwärmepumpen und Brunnen. Aufgrund der Kleinteiligkeit der Wohneinheiten wird das prognosebasierte Regelungskonzept in zwei Zonen ausgeführt: die ostseitig ausgerichtete Bauteilhälfte vom EG bis zum Dachgeschoß wird als eine Einheit betrachtet (Ostzone) und die westseitig ausgerichtete Bauteilhälfte wird als eine Zone betrachtet (Westzone).Beide Zonen werden gesondert betrachtet und erhalten jeweils eine Regelungseinheit. Durch laufendes Monitoring und Erfassung der Temperaturen und Wärmeströme wird der Betrieb der Anlage laufend optimiert. Hier geht es zum Projekt.
- CAMPO BREITENLEE
Das Plus-Energie-Quartier „Campo Breitenlee“ in der Podhagskygasse in Wien-Donaustadt besteht aus 7 Gebäuden mit einer Bruttogrundfläche von rund 30.652 m². Es gibt zahlreiche gemeinschaftsbildende Einrichtungen sowie eine partizipative Vergabe aller 323 Wohnungen. Neben der vorwiegenden Wohnnutzung wird es auch anmietbare Plus‐Räume, einen Kindergarten sowie eine Arztpraxis geben. Der „Campo Breitenlee“ verbindet passive Maßnahmen mit einer hocheffizienten Gebäudehülle und intelligenter Gebäudetechnik. Diese umfasst ein Erdsondenfeld mit Tiefensonden in Kombination mit hocheffizienten Wärmepumpen. Die Bauteilaktivierung wird durch die wettergestützte Regelung gesteuert und gewährleistet eine angenehme Temperierung in den Wohnungen.
Für das Forschungsprojekt „ZQ3Demo – Umsetzung von urbanen ZukunftsQuartieren“ werden 15 Wohneinheiten mit dem prognosebasierten Regelungskonzept ausgestattet und gemonitort. 4 weitere werden als Referenzwohnungen mit Messtechnik ausgestattet, jedoch mit der für das restliche Gebäude vorgesehen Regelung betrieben. Das ermöglicht einen direkten Vergleich von prognosebasierter Regelung mit klassischer Regelung und lassen Potenziale zur thermischen Speicherung von solarer Energie aus der Photovoltaikanlage lassen sich quantifizieren. Hier geht es zum Projekt.