Das Grundstück liegt im Wiener Bezirk Simmering am Stadtrand und ist durch Verkehrslärm von der Straße und von der Einflugschneise des Flughafens Wien-Schwechat stark belastet. Die Entscheidung, die Wohnhausanlage in Passivhaus-Standard zu errichten, wurde auch aufgrund der hohen Schallschutzqualität von Passivhausfenstern mit Dreischeibenverglasungen und Wohnraumlüftung getroffen.
AUSGANGSLAGE
Für die Konzipierung der Heizungsanlage spielten die gesetzlichen Vorgaben für die Abrechnung des Energieverbrauchs eine wesentliche Rolle. Zum Zeitpunkt der Planung musste gemäß Heizkostenabrechnungsgesetz für jede Wohnung der Energieverbrauch separat gemessen werden. Diese separaten Verbrauchsmessungen mit Wärmemengenzählern sind sehr kostenaufwändig, auch weil die Zähler regelmäßig geeicht werden müssen. Die Erfahrungen mit anderen energieeffizienten Wohnhausanlagen zeigten, dass dadurch die Messkosten höher liegen, als die Energiekosten. Um dies zu vermeiden, sollten die Wohnungen nur mit Stromzählern ausgestattet werden und die Wärmebereitung durch kleine, dezentrale Be- und Entlüftungsanlagen mit integrierter Wärmepumpe erfolgen.
ARCHITEKTONISCHES KONZEPT
Das architektonische Konzept sieht eine viergeschoßige Bebauung an den beiden Straßenfronten mit einem zurückgesetzten Dachgeschoß vor. Um keine Wohnung ausschließlich zur Straße zu orientieren, wurden in diesem Bereich Spänner-Typen mit zum Hof gerichteten Freiflächen entwickelt. Im Süden und Osten umschließen dreigeschoßige Zeilenbauten mit Maisonetten und darüber liegenden Geschoßwohnungen den Hof. Zwischen diesen Zeilen fungieren die Stiegenhäuser als Gelenke und erschließen die Laubengänge im zweiten Stock. Ergänzt wird die Bebauung durch einen kompakten, dreigeschoßigen Baukörper im Inneren des Hofes. Alle Wohnungen verfügen über entsprechende private Freibereiche als Mietergarten, Loggia oder Dachterrasse. Die Wohnhausanlage umfasst 114 Wohneinheiten mit 9.930 m² Wohnnutzfläche.
ENERGIEKONZEPT
Im Energiekonzept wurden zahlreiche Energieeffizienz-Maßnahmen integriert. So wurde in jeder Wohnung ein hocheffizientes Kompaktgerät installiert, welches Wärmepumpe, Warmwasserspeicher, Lüftungsanlage und Wärmerückgewinnung beinhaltet und in einheitlichen Nischen in den Vorräumen untergebracht ist. Dieses Produkt hat in einem Vortest in einer bestehenden Wohnung der gemeinnützigen Siedlungs-Genossenschaft Altmannsdorf- Hetzendorf die höchste Qualität erzielt. Die Fenster können jederzeit geöffnet werden, was aber nicht notwendig ist, da die Lüftungsanlage für kontinuierliche Frischluftzufuhr sorgt.
Die Wärmeabgabe in den Wohnungen erfolgt hauptsächlich durch die erwärmte Zuluft und bei sehr tiefen Außentemperaturen zusätzlich durch einen kleinen Heizkörper im Wohnzimmer. Für den höheren Komfortanspruch in Badezimmern sind zusätzlich Elektroheizkörper vorhanden. Die Außenluft wird über das Dach angesaugt und über Wärmetauscher im Winter vorgewärmt und in Hitzeperioden vorgekühlt. Die Wärmetauscher werden durch Erdwärme gespeist, die mit 11 Sonden zu je 100 m Tiefe gewonnen wird. In den Wohnungen wird die Frischluft im Gegenstrom-Plattenwärmetauscher des dezentralen Kompaktlüftungsgerätes mit der Wärme der Abluft weiter erwärmt. Die Fortluft wird dabei auf ca. 5–15°C abgekühlt und zum Verdampfer der Wärmepumpe geleitet. Der Kondensator erwärmt das Warmwasser im 200-Liter-Speicher und im Heizbetrieb zusätzlich die Zuluft.
Die Photovoltaikanlage bildet durch die fassadenintegrierte Gestaltung ein sichtbares Symbol für Energieeffizienz und fördert die Identifikation der BewohnerInnen mit dem ökologischen Konzept. Mit 4,2 kWp Spitzenleistung liefert die Anlage einen deutlichen Beitrag zum Strombedarf der Allgemeinflächen.
DIE ERGEBNISSE DES ENERGIEMONITORINGS
Das Energiemonitoring ergab, dass der klimabereinigte Messwert auf demselben Niveau liegt, wie der Passivhaus-Zielwert für den Heizwärmebedarf. Der Verbrauch an elektrischer Energie für die Raumheizung ist annähernd gleich hoch, wie jener für die Warmwasserbereitung. Rund ein Viertel des Stromverbrauchs für die Raumheizung wurde durch die Elektro-Heizkörper verursacht. Damit lag dieser Anteil etwas höher als erwartet.
Die Wärmeverluste der Heizungsanlage stammen hauptsächlich aus Speicherverlusten für Warmwasser und lagen mit gemessenen 6 kWh/(m²a) relativ niedrig, im Vergleich zu konventionellen Haustechnikkonzepten. Beispielsweise wurden bei Wohnhausanlagen mit Fernwärmeversorgung durchschnittlich rund 20 kWh/(m²a) Wärmeverluste der Heizungsanlage gemessen (siehe Projekt NaMAP).
Der Stromverbrauch für die Lüftungsanlage lag im Mittel bei 3,6 kWh/(m²a) und damit auf einem relativ günstigen Niveau. Die gemessene Arbeitszahl der Wärmepumpe schwankt deutlich im Jahresverlauf.
Beim exklusiven Lüftungsstrom liegt die Arbeitszahl zwischen 2,4 und 3,4 und erreicht damit einen eher guten Wert, verglichen mit Wärmepumpen zur kombinierten Warmwassererwärmung. Die Messung der Innenraumtemperaturen zeigte, dass die Lüftungsgeräte einen deutlichen Einfluss auf den Sommerkomfort nehmen können. In den Sommermonaten kann sich die Wärmerückgewinnung negativ auswirken, wenn vorgekühlte Außenluft durch warme Abluft aufgeheizt wird. Daher wurden in den Lüftungsgeräten sogenannte Sommerboxen nachgerüstet, welche eine Umgehung des Wärmetauschers und eine aktive Nachtkühlung ermöglichen. Dieser Sommer-Bypass ergab eine um 1–2°C niedrigere Raumtemperatur und ist mittlerweile Standard bei allen Komfortlüftungsanlagen.
GROSSER ÖKOLOGISCHER RUCKSACK
Ein Nachteil des Haustechnikkonzepts mit Stromversorgung ist der relativ große „ökologische Rucksack mit elektrischer Energie“ im Vergleich zu Fernwärme oder Erdgas. Die Ergebnisse der Verbrauchsanalysen (siehe Projekt NaMAP) unterschiedlicher Wohnhausanlagen mit Passivhausstandard zeigten, dass bei Fernwärmeversorgung deutlich günstigere Ergebnisse für Treibhausgasemissionen und nicht regenerierbaren Primärenergieverbrauch erzielbar sind. Jene Objekte mit Erdgasversorgung lagen in der Bewertung etwa auf demselben Niveau wie die Roschégasse.
EIN BLICK IN DIE ZUKUNFT
Seit der Publikation dieser Studien (2009) hat sich der Anteil erneuerbarer Energiequellen für die Stromproduktion erhöht und damit der ökologische Wert der elektrischen Energie verbessert. Es ist anzunehmen, dass sich dieser Trend fortsetzt und damit Gebäude mit Wärmepumpenanlagen zukünftig ähnliche Ergebnisse erreichen können, wie Gebäude mit Fernwärmeversorgung.
Die Analyse der Wohnzufriedenheit wurde durch den Sozialwissenschaftler Univ. Prof. Alexander Keul kurz nach dem Einzug der MieterInnen durchgeführt. Der Rücklauf lag bei rund 40% aller Wohnungen. Die Befragung ergab eine grundsätzliche positive Rückmeldung: 82% der Befragten fühlen sich in der Wohnung sehr wohl und 73% bezeichnen die Information durch die Hausverwaltung als sehr gut. Angeregt wurde, die Anleitung der Heizungs- und Lüftungsanlage möglichst einfach und für Nicht-Techniker verständlich, aufzubereiten.
ZUSAMMENFASSUNG: EIN INNOVATIVES HAUSTECHNIKKONZEPT
Zusammenfassend ergaben die Monitoringstudien, dass sich das innovative Haustechnikkonzept in der Praxis bewährt hat und ein geringer Verbrauch an Energie für Warmwasser und Heizung gemessen wurde. Die Vorkühlung durch Geothermie bringt einen zusätzlichen Vorteil, der sich insbesondere bei zukünftig häufigeren und längeren Hitzeperioden positiv auswirken wird. Die BewohnerInnenbefragung bestätigte die optimale Wohnqualität und Behaglichkeit dieses ökologischen Vorzeigeprojekts. Straßen- und Fluglärm stellte für die BewohnerInnen kein Problem mehr