Das Projekt Attic Adapt 2050 untersuchte die Möglichkeit, bereits vorhandene Wiener Gemeindebau-Wohnhausanlagen so zu adaptieren, dass der Bestand durch thermische Sanierung verbessert wird und gleichzeitig durch Dachausbau neue Wohnungen entstehen können. Dachgeschoßausbauten sind in Wien an sich nichts Neues, werden aber hauptsächlich auf Gründerzeitbauten in innerstädtischen Lagen ausgeführt. Das Potenzial von Aufstockungen bei Gebäuden anderer Errichtungsperioden hingegen wurde bisher noch nicht ausreichend erkannt.
Wohnbauten aus der Nachkriegszeit
Als Werkzeug des sozialen Wohnbaus könnte der Dachgeschoßausbau insbesondere bei Wohnbauten der Nachkriegszeit von 1950 bis 1970 sinnvoll eingesetzt werden, da sie gute Voraussetzungen für Erweiterungen mitbringen. Ihre typische Bebauungsstruktur – eine aufgelockerte Zeilenbauweise mit großzügigen Freiflächen zwischen den Gebäuden – lässt genügend Spielraum für ein Wachsen in die Höhe. Diese Wohnbauten mit nahezu identen Grundrissen und einheitlichem konstruktiven System entstanden nach 1945 aus der Not heraus nach einem streng vorgegebenen Programm und sind in dieser Form nicht nur in Wien, sondern in vielen anderen europäischen Städten zu finden.
Von 2013 bis 2017 wurde daher im Rahmen des Projekts Attic Adapt 2050 an der Entwicklung eines systematischen Lösungsansatzes für den Dachgeschoßausbau von Wohnbauten der Nachkriegszeit gearbeitet, welcher mitunter auch über die Stadtgrenzen hinaus Anwendung finden kann. Obwohl die städtische Wohnraumverwaltung Wiener Wohnen bereits bei allen Sanierungsprojekten die Möglichkeit eines Dachausbaus untersucht, sind Umsetzungsprojekte noch die Ausnahme – zu aufwendig sind die Prozesse, die damit verbunden sind. Die weit verbreiteten Stahl-Holzkonstruktionen im Dachgeschoßausbau besitzen aufgrund ihrer Herstellungsweise – meist als Einzelanfertigungen von unterschiedlichen Betrieben – ein hohes Fehlerpotential. Ebenso birgt die Vor-Ort-Montage ein höheres Risiko, in Verzug zu geraten.
Der systematische Lösungsansatz: Bausystem aus vorgefertigten Holzelementen
Das Projektkonsortium, bestehend aus Vertretern der Bauherrenseite, der ausführenden Firmen und der Forschung, arbeitete daher an einer maßgeschneiderten Lösung, die auch unter den Rahmenbedingungen des sozialen Wohnbaus umgesetzt werden kann. Das Ergebnis – ein Bausystem aus vorgefertigten Holzelementen – stellt einen gänzlich neuen Weg dar, um schnell und kostensparend neue Wohnungen zu errichten, ohne die Grundstücksreserven der Stadt angreifen zu müssen.
Ausführliche Analyse
Eine ausführliche Analyse der häufigsten Gebäudetypen der Nachkriegsjahre bildete die Ausgangsbasis für das Bausystem, das im Idealfall ohne Eingriffe in den Bestand auf die sparsamen Baukonstruktionen der Nachkriegszeit aufgesetzt werden kann und optimal an die Anforderungen des Bauens in der Stadt angepasst ist. Die Abmessungen der Elemente wurden so konzipiert, dass sie ohne Sondergenehmigungen mit einem LKW transportiert werden können. Je nach Projektanforderung ist es möglich, ganze Raummodule, wie zum Beispiel Gauben bis zu einer gewissen Größe, fertig montiert auf die Baustelle zu liefern.
Die Vorteile
- Durch die werkseitige Vorfertigung kann eine höhere Ausführungsqualität garantiert werden.
- Unsicherheitsfaktoren, wie witterungsbedingte Zeitverzögerungen, Feuchtigkeitseintritt durch offenstehende Bauteile oder Ungenauigkeiten sowie mangelnde Passgenauigkeit können gar ausgeschlossen werden.
- Die durchdachte Logistik und der hohe Vorfertigungsgrad von Wand- Decken- und Dachelementen bis zur winddichten Ebene reduziert die Bauzeit vor Ort auf einen Bruchteil. So können Aufstockungen in voll bewohntem Zustand – wie sie üblicherweise von Wiener Wohnen durchgeführt werden – schneller und angenehmer für die Bewohner durchgeführt werden.
- Durch den Einbau eines Lifts kann ein zusätzlicher Komfortgewinn auch für die bestehenden Wohnungen erzielt werden.
Entwurfsstudien für typische Wohnhausanlagen
Um die Einsatzmöglichkeiten des Holzfertigsystems sowohl für ein- als auch zweigeschoßige Dachausbauten zu demonstrieren, wurden in einem weiteren Schritt Entwurfsstudien für verschiedene typische Wohnhausanlagen durchgeführt. Basierend auf diesen Machbarkeitsstudien wurde das System gemeinsam mit allen Projektpartnern dahingehend optimiert, dass einerseits möglichst hohe bauphysikalische Ansprüche erfüllt werden können, andererseits aber der wirtschaftliche Rahmen dessozialen Wohnbaus nicht gesprengt wird. Unterschiedliche Wohnungstypen und -größen lassen sich dank der flexiblen Positionierung der Innenwände problemlos verwirklichen. Ebenso gibt es keine Einschränkungen bei der thermischen Qualität der Gebäudehülle, welche höchste Komfortansprüche bis hin zum Passivhausstandard erfüllen kann.
Sommerlicher Hitzeschutz
Ein besonderes Augenmerk wurde im Projekt auf den sommerlichen Hitzeschutz gelegt, der im Dachgeschoßausbau und im städtischen Hitzeklima eine wesentliche Rolle beim Wohnkomfort spielt. Dadurch konnte sichergestellt werden, dass das Dachausbausystem auch längerfristig für eine große Bandbreite an Projekten und Klimazonen, auch über die Grenzen Wiens hinaus, anwendbar ist.
Ausblick
Das Projekt Attic Adapt 2050 liefert zwar (noch) keine umgesetzten Projekte, jedoch konnte durch die Machbarkeitsstudien eine praktikable Lösung aufgezeigt werden, weitaus rascher und unkomplizierter als bisher, attraktive neue Wohnungen im Dachgeschoßausbau zu schaffen.