Die neu gestaltete Servitenkirche

Die Wiener Servitenkirche, ein historisch und architektonisch bedeutsamer Sakralbau, wurde von Treberspurg & Partner Architekten in Zusammenarbeit mit der Erzdiözese Wien und dem Bundesdenkmalamt behutsam restauriert und saniert.

Sakralbauten sind Orte des Glaubens und ein wichtiges kulturelles Erbe. Zuständig für die Sanierung und Erhaltung der etwa 1.200 Kirchen in der Bundeshauptstadt und im östlichen Niederösterreich ist das Bauamt der Erzdiözese Wien. Kirchen sind Zeitzeugen der damals vorherrschenden Stilepoche und prägen bis heute das Stadtbild Wiens. Eine der bekanntesten Barockkirchen in Wien ist die Servitenkirche. Der italienische Architekt Carlo Martino Carlone begann 1651 mit dem Bau der Servitenkirche. Fertiggestellt wurde die Innenraumausstattung im Jahr 1677 von Carlo Canevale.* Der Kirchenraum ist der erste und einer der wichtigsten barocken Kirchenräume mit ovaler Zentralkuppel in Wien. Da die Originalgestaltung aus dieser Zeit im Wesentlichen vollständig erhalten blieb, hat dieser Kirchenraum in der Kunstgeschichte einen einmaligen Stellenwert. Knapp 350 Jahre später, erfuhr die Pfarrkirche Rossau / Maria Verkündigung, besser bekannt als Servitenkirche, ihre bisher prägendste Neugestaltung des Innenraumes. Das sakrale Gebäude wurde innerhalb von fünf Bauphasen restauriert. Auch der Altarraum wurde neugestaltet und vor kurzem fertiggestellt. Gemeinsam mit der Erzdiözese Wien haben Treberspurg & Partner Architektenund der Künstler Mag. Werner Feiersinger eine denkmalgerechte und für die Anforderungen der Pfarrgemeinde Rossau passende Lösung umgesetzt.

Behutsame Restaurierung

Die baulichen Maßnahmen umfassten in erster Linie eine zeitgemäße und liturgisch fundierte Neugestaltung des Altarraumes mitsamt dem Presbyterium unter den Anforderungen des Denkmalschutzes. Weitere Planungsschwerpunkte waren die behutsame Restaurierung der Kuppel, der Gewölbe sowie der Raumschale mit den Fresken sowie die Erweiterung der Heizung. Weiters wurden Stuck und Wand- und Deckenoberflächen mit Kalkfarbe nach historischer Rezeptur farblich neu gefasst und fach- und sachgerecht restauriert. Die Fresken wurden gereinigt und teilweise retuschiert. Bei Stuck- und Putzoberflächen wurde ein gedämpfter Weißton gewählt. Seinen vorläufigen Abschluss erhält das Sanierungsprojekt mit der Restaurierung der Wandoberflächen im Presbyterium und der Altarraumneugestaltung mit Niveauveränderungen und dem neuen Fußbodenbelag.

„Für ein kunstgeschichtlich einmaliges Gebäude wie die Servitenkirche erfordert es fachliches Geschick der zuständigen Planer:innen und die notwendige Feinfühligkeit für die Restaurierung“, so Univ.-Prof. Arch. DI Dr. Martin Treberspurg von Treberspurg & Partner Architekten ZT GmbH. „Ziel der Restaurierung war der größtmögliche Erhalt des historischen Bestands, die realgetreue Wiederherstellung sowie die Berücksichtigung der Anforderungen für eine zeitgemäße Liturgie.“

Die Sanierung der Servitenkirche folgte auf die im Jahr 2014 fertiggestellte Generalsanierung der Peregrinikapelle. Die an die Servitenkirche angrenzende Kapelle wurde von Treberspurg & Partner Architekten barrierefrei mit einem denkmalpflegerisch sensibel gelösten Rampenzubau gestaltet und diente während der Sanierungsarbeiten in der Servitenkirche als Ausweichraum. „Die Erzdiözese Wien begleitet die Arbeiten von der Planung bis zu Abschluss“, so Baudirektor Arch. DI Harald Gnilsen von der Erzdiözese Wien. „Dabei ist uns ein intensiver Austausch mit den Expert:innen, dem Bundesdenkmalamt und der Pfarrgemeinde besonders wichtig sowie die gemeinsame Erarbeitung einer individuellen und für das Projekt passenden Lösung.“

Liturgisches Feiern im Zentrum

Das ursprüngliche Konzept für die Neugestaltung des Altarraumes orientierte sich am Communio-Modell. Dafür hätten die Kirchenbänke durch neues Mobiliar ersetzt werden sollen. Da die maßgefertigten Kirchenbänke für den ovalen Kirchenraum über kunsthandwerkliche Arbeiten aus der Erbauungszeit verfügen und dadurch einen kulturhistorischen Wert haben, wurde sich in vielen Planungsüberlegungen dagegen entschieden. Unter dieser Rahmenbedingung hat sich die aktuelle Altarraumgestaltung entwickelt. Ziel war es, verschiedene Möglichkeiten für zeitgemäßes Feiern zu ermöglichen. Der Pfarrer der Pfarre Rossau, Pater Giovanni Micco FSCB, und die K.I.R.-Gruppe (Kirchen.Innen.Renovierung), mit zeitweise bis zu 15 ehrenamtlich tätigen Pfarrmitgliedern, haben den Prozess über 15 Jahre vorangetrieben und begleitet und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Der neue Altar enthält wesentliche Elemente des ursprünglichen Volksaltars, dem ersten Volksaltar in Wien nach dem zweiten vatikanischen Konzil. Er wurde in den Hauptraum vorgerückt, um die Beziehung zwischen Pfarrgemeinde und Priester zu intensivieren. So entstand im Presbyterium ein Ort für einen neuen Taufstein. „Mein Ansatzpunkt ist der Kirchenraum in seiner Gesamtheit. Die Atmosphäre und Raumwirkung sowie die Funktionalität für das liturgische Feiern wurden wesentlich verbessert“, so Künstler Mag. Werner Feiersinger, der für die Altarraumneugestaltung zuständig war. „Der Kirchenraum ist ein lebendiger Raum für die aktive Kirchengemeinde, die sich in diesen Raum einbringt und in der Gemeinschaft den Glauben praktiziert und feiert.“

Aufgrund der Nähe zu den beiden Seitenaltären entschied man sich für eine kreisförmige Grundform des neuen Altarraumes. Die Barrieren wie Stufen und Podeste im Bestand wurden weitestgehend reduziert. Für die Steinplatten wurde ein heller Kalkstein (Lipica Unito) aus Slowenien ausgewählt. Dieser wurde axial verlegt und unterscheidet sich so von der diagonalen Verlegung im übrigen Kirchenraum. Die kreisrunde Form des Altarraumes wurde durch die Plattenverlegung akzentuiert. Der Altar integriert sich in den Bestand und vermittelt eine präzise Setzung ohne vordergründigen Gestaltungswillen. Dabei war dem Künstler Feiersinger das Verhältnis der Objekte zueinander wesentlich, die gemeinsam einen Raum erzeugen und weniger um die formale Aufladung der einzelnen Teile.

Architekt Martin Treberspurg, Baudirektor Arch. DI Harald Gnilsen von der Erzdiözese Wien und Künstler Werner Feiersinger (v.l.n.r.) bei der Presse-Führung in der Servitenkirche.

Das sakrale Gebäude wurde innerhalb von fünf Bauphasen restauriert und der Altarraum neugestaltet.
Der neue Altar enthält wesentliche Elemente des ursprünglichen Volksaltars, dem ersten Volksaltar in Wien nach dem zweiten vatikanischen Konzil.
Fotocredit: Werner Feiersinger
Der neue Altar wurde in den Hauptraum vorgerückt, um die Beziehung zwischen Pfarrgemeinde und Priester zu intensivieren.
Fotocredit: Werner Feiersinger